COSY CRIME MIT FRANK FRIEDRICHS

Du magst Geschichten, in denen die Beziehung der Figuren untereinander am Wichtigsten ist? Die an einem lauschigen Ort spielen? Und bei denen es dennoch viel zu Rätseln gibt?

Dann möchten wir dir ein Buch empfehlen, dass etwas aus unserem sonstigen Verlagsprogramm herausfällt, aber auch ein echtes Herzensprojekt ist.

ERNTEDANK IN VERTIKOW, der erste Wohlfühl-Krimi von Frank Friedrichs. Und damit du weißt, was dich im Buch erwartet und was für Frank das Schöne am Cosy Crime-Genre ist, haben wir ihn um ein Interview gebeten.

 

Lieber Frank, welche Schlagworte und Farben fangen für dich die Atmosphäre deiner Cosy Crime-Reihe perfekt ein?

Puh, mit so einer Frage bin ich noch nie in ein Interview eingestiegen, da muss ich ja gleich richtig nachdenken. Also, an Schlagwörtern fallen mir spontan „Idylle“, „Dorfleben“, „Humor“ und „Ironie“ ein.

Natürlich noch „Musik“, ach ja, und in dem Zusammenhang „Verlust“.

Jetzt wunderst du dich vielleicht, dass typische Krimi-Schlagwörter fehlen. Aber zum einen stehen für mich tatsächlich die Beziehungen der Menschen und das Setting im Vordergrund; und zum anderen ist ein Mord nun nicht gerade das, was einen Krimi besonders macht, oder?

Zu den Farben … da wäre es jetzt natürlich naheliegend, spontan Orange zu sagen wegen des wunderbaren neuen Covers. Obwohl das gar nicht wirklich orange ist, sondern eher terracotta oder so. Aber nein, von der Geschichte her passen besser Himmelblau, Grasgrün, Ziegelrot … und vielleicht noch Schwarz – für den Humor.

Was ist Vertikow für ein Ort? Hast du dort eine Lieblingsstelle? Oder einen Lieblingsbewohner? 

Eigentlich ist Vertikow mit seinen knapp 300 Seelen eine Liebeserklärung an mein Heimatdorf. Es liegt zwar etwa 10 Kilometer davon entfernt, hat eine völlig andere Bebauung und natürlich völlig andere Bewohner. Aber die Grundstruktur ist ähnlich. Und ich habe beim Schreiben oft gedacht: „Der kommt jetzt hier die Straße runtergerollt und biegt bei uns ab“, obwohl es dieses „bei uns“ ja gar nicht gibt … Insofern habe ich von dort auch die Inspiration geholt – und von anderen Dörfern und Landstrichen in der Umgebung, weil ich die mecklenburgische Landschaft einfach liebe.

Eine Lieblingsstelle habe ich nicht wirklich. Vielleicht den Friedhof, der Vertikow ja schon zu etwas Besonderem macht. Der ist nämlich seit dem Dreißigjährigen Krieg immer weiter angewachsen, weil kein Grab mehr aufgelöst werden durfte. Mittlerweile gibt es in Vertikow viel mehr Tote als Lebende, wie man etwas spöttisch in den Nachbardörfern sagt …

Mein Lieblingsbewohner, wenn ich mich denn entscheiden soll, ist übrigens nicht meine Hauptfigur Peer, so leid es mir tut.

Mir hat es die „alte Treskow“ angetan, seine Nachbarin, die zugleich die Heldin der ersten Kurzgeschichte aus dem „Vertikow-Universum“ war. Und – kleiner Spoiler – die im fünften Band zu einer der Hauptfiguren wird.

Aber Peer magst du doch sicher auch?

Ja, du hast ja recht, natürlich mag ich Peer auch. Muss ich sogar, schließlich steckt eine ganze Menge von mir selbst darin – also, von meinem jüngeren Ich.

Ich mag seinen Humor, seine Ironie, die ihm hilft, seine Querschnittlähmung, das plötzliche Sitzen im Rollstuhl zu überwinden. Oder zumindest besser damit klarzukommen.

Und ich liebe seine Liebe zur Musik. Ehrlich gesagt, bin ich ein bisschen neidisch auf ihn, weil er Kirchenorgel spielen kann – oder konnte. Das wäre immer noch mein Traum, aber mehr als ein bisschen Improvisieren bringe ich selbst leider nicht zustande. Deshalb weiß ich auch bis heute nicht, ob die Musikstücke, die Peer komponiert und die ab Band 2 in jedem Krimi auftauchen, überhaupt spielbar sind.

Was reizt dich am Genre Cosy Crime?

Ich hatte ja schon angedeutet, dass ich sehr am Zwischenmenschlichen interessiert bin, am sozialen Beziehungsgeflecht in der Dorfgemeinschaft. Wer mag wen? Wer mag wen nicht und warum? Mit wem darf man worüber sprechen, damit es nicht gleich die Runde durchs Dorf macht?

Da steckt so viel Geheimnis hinter, so viel … ich sag mal: „Mikrohistorie“: Geschehnisse, Versäumnisse, Gerüchte, Beschuldigungen, Verfehlungen, Verletzungen … Und plötzlich stellt man fest, dass in all der Idylle und Beschaulichkeit jeder Zweite das Potenzial hat, jemanden umzubringen.

Das finde ich viel spannender als die Jagd nach dem erzbösen Massenmörder oder das Waten durch knietiefe Blutseen. Mir gefällt es viel mehr, Spannung durch Rätsel und Geheimnisse zu erzeugen, die nach und nach aufgedeckt werden, als in einer Tour zitternd und nägelkauend den lebensbedrohlichen Ermittlungen zu folgen.

Okay, jetzt habe ich mich wohl als Nicht-Thriller-Fan geoutet, was?

Was denkst du: Mit welchen anderen Romanen würde sich ERNTEDANK IN VERTIKOW in der Buchhandlung anfreunden?

 Mit allem, was gemütlich und humorvoll, gleichzeitig aber auch hintergründig und zuweilen bitterböse ist.

Ein Buchblogger hat mich mal mit Agatha Christie und Sir Arthur Conan Doyle verglichen und eine Kollegin hat gemeint, die Vertikow-Krimis seien wie „Miss Marple“ oder „Inspector Barnaby“, nur eben in Mecklenburg.

Das ist natürlich viel zu hoch gegriffen, auch wenn es mir sehr schmeichelt. Von daher wäre ein Regalplatz zwischen diesen Büchern wirklich ein Ehrenplatz.

Was hat dir beim Schreiben am meisten Spaß gemacht?

Ich bin leider ein riesiger Recherchefan. Leider, weil es sehr aufhält und mich manchmal sogar vom Schreiben abbringt. Ich merke das gerade wieder bei meinem aktuellen Projekt, wenn ich eigentlich nur mal schnell erfahren will, was man sieht, wenn man aus dem Fenster Richtung Osten blickt. Und eine Stunde später habe ich mit Streetview einen Rundgang durch die Altstadt gemacht und vier Locations gefunden, die ich bei meinem nächsten Besuch unbedingt erkunden muss.

Außerdem plotte ich sehr gern. Ich weiß, das können manche Kolleg*innen so gar nicht nachvollziehen, aber ich brauche die Struktur. Damals, bei meinem allerersten Versuch hatte ich nicht viel mehr als ein paar Figuren, einen Start- und einen Zielpunkt.

Und kam nach Kapitel 8 einfach nicht mehr weiter. Ich war hoffnungslos verloren. Seitdem plotte ich und entwerfe mithilfe verschiedener Techniken wenigstens die sieben Plot-Punkte für jeden meiner Handlungsstränge, die ich dann miteinander verwebe. Dieses Konstruieren und Gestalten des Gerüsts finde ich ungemein befriedigend, weil es mir Sicherheit für später gibt.

Da sieht man, dass an mir auch ein Architekt verloren gegangen ist. Tja, so ist das: nicht genug Talent als Musiker, nicht genug Mut zum Schauspielstudium, keine Lust auf die trockene Realität des Architekturberufs – da blieb nur noch das Schreiben übrig. (lacht)

Wenn du mit drei fiktiven oder historischen Personen einen Abend verbringen könntest: Für wen würdest du dich entscheiden und was würdet ihr machen? Ist ein Architekt dabei?

Das ist eine Fangfrage, oder?

Ich könnte dir locker drei oder mehr Männer nennen, die ich gern treffen würde. Dann würde ich aber ganz bestimmt nicht erzählen, was wir zusammen machen würden.

Also wähle ich die sichere Antwortvariante:

Lucrezia Borgia fasziniert mich sehr, die würde ich gern einmal treffen – vorausgesetzt natürlich, das Ganze fände in einem Safespace statt und nicht am Hofe ihres Vaters. Die gesamte Borgia-Familie ist ja interessant, aber neben den Ränkespielen ihres Vaters Papst Alexander und den ebenso listigen wie blutigen Manövern ihres Bruders Cesare agiert Lucrezia sehr besonnen und weitblickend. Völlig zu Unrecht trägt sie das Siegel der männermordenden Femme fatale. Natürlich war auch sie auf ihren Vorteil bedacht, das musste sie sein, um zu überleben. Aber sie hat eben auch einen Haushalt am Leben gehalten, und später sgar ein ganzes Fürstentum.

Sehr spannend finde ich auch Judas Ischariot. Dieser treue Jünger Jesu, der plötzlich beim letzten Abendmahl erfährt, dass ihm die Rolle des Verräters zukommt. Einer von ihnen muss ja zum Bösewicht werden, damit die Schrift erfüllt wird. Und das ist ausgerechnet er. Was macht das mit ihm? Wie geht er mit dieser Last um? Hätte es für ihn eine Alternative zum Selbstmord gegeben? Immerhin gäbe es ohne seine Tat das Christentum nicht – aber ob ihn das getröstet hätte?

Und der tatsächlich Dritte ist König Richard III. Mit ihm würde ich gern am Vorabend der Schlacht bei Bosworth Field sprechen: Was hat er wirklich in seinen zwei Regierungsjahren getan? Was ist mit seinem Bruder und den beiden Prinzen im Tower geschehen? Und hat er Angst vorm Tod? Okay, wenn das allerdings schlecht gelaufen wäre, hätte ich wohl mein aktuelles Romanprojekt begraben müssen …

Mir fällt gerade auf, was alle drei Personen eint: Sie sind – zumindest in meiner Wahrnehmung – missverstanden und falsch beurteilt worden. Ja, und das wäre mein Wunsch für diese Treffen: sie besser zu verstehen, um sie gerechter beurteilen zu können und womöglich ihr Bild zu korrigieren – und sei es nur in meinem Kopf.

Wow, die Antwort gefällt uns. Vielen Dank, lieber Frank!

Falls ihr jetzt auch richtig neugierig auf Franks Cosy Crime-Reihe geworden seid, findet ihr unter nachfolgendem Link die Inhaltsangabe zum ersten Vertikow-Roman, den ihr dort auch bestellen könnt:

Alle Vorbesteller signiert Frank gern für euch!

Fotos von Frank (c) Wenke Baumert

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